Pascal Meiser: Gemeinwohl schützen – Privatisierungswahn in die Schranken weisen!

  • 10. September 2020
  • Reden

In der Krise zeigt sich, wohin die Privatisierungspolitik der letzten Jahrzehnte geführt hat. Nur durch eine starke staatliche Intervention konnte die Wirtschaft vor dem Kollaps bewahrt werden. Es braucht nicht mehr Privatisierung, sondern öffentliche Beteiligungen im Interesse der Beschäftigten und der Allgemeinheit – nicht für die Aktionäre und Konzernchefs. Bei jeder Rettung mit öffentlichem Geld müssen Tarifbindung, Mitbestimmung und Einhaltung von Nachhaltigkeitszielen garantiert werden.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir scheint wirklich: FDP und ja offenkundig auch AfD leben in einer Art Parallelgesellschaft. In der Coronapandemie zeigt sich doch gerade weltweit, dass der Markt eben nicht alle Probleme lösen kann. Vielerorts sehen wir, welche fatalen Folgen es hat, wenn man beispielsweise das Gesundheitssystem radikal privatisiert. Mehr noch: Wir erleben die schwerste Wirtschaftskrise seit den 1920er-Jahren, und nur durch staatliche Eingriffe konnte unsere Wirtschaft bisher vor dem totalen Kollaps bewahrt werden.

(Jan Korte [DIE LINKE]: Richtig!)

Doch was machen FDP und ja auch AfD? Sie haben nichts Besseres zu tun, als genau diese staatlichen Eingriffe zu geißeln. Denn was Sie hier unter dem Deckmantel einer Beteiligungsbremse vorschlagen, ist doch nichts anderes als die Forderung nach einem Privatisierungsbeschleunigungsgesetz.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist verantwortungslos und der Lage im Land absolut nicht angemessen.

Haben Sie von der FDP eigentlich mal ernsthaft durchgelesen, was Sie da fordern?

(Reinhard Houben [FDP]: Ja!)

– Das macht es noch schlimmer. – Sie fordern, dass für jede neue staatliche Beteiligung eine bestehende Beteiligung aufgegeben wird.

(Reinhard Houben [FDP]: Genau!)

Ja was heißt das denn konkret?

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Commerzbank!)

Dass, wer in der jetzigen Krise ein Unternehmen durch staatliche Beteiligung retten will, ein anderes Unternehmen über die Wupper gehen lassen soll?

(Jan Korte [DIE LINKE]: Richtig! Tolle Idee! – Reinhard Houben [FDP]: Sind alle unsere Beteiligungen in wirtschaftlicher Not? Ich höre nichts!)

– Hören Sie doch mal zu! – Was ist Ihr Vorschlag? Sollte also im Gegenzug für die Rettung der Lufthansa jetzt zum Beispiel die Deutsche Bahn verkauft werden? Wie stellen Sie sich das denn vor? Das ist doch absurd.

(Beifall bei der LINKEN – Reinhard Houben [FDP]: Zum Beispiel die Post und die Telekom! Denen geht es doch gut!)

Mehr noch – ich habe mir Ihren Antrag genau angeschaut; es war nicht sonderlich erfreulich, aber trotzdem –: Sie wollen allen Ernstes, dass staatliches Eigentum künftig im Zweifel auch dann verkauft werden kann, wenn die öffentliche Hand dabei Verluste macht. Das ist doch nichts anderes als eine Aufforderung zur Veruntreuung öffentlichen Vermögens, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ganz nebenbei wollen Sie unter anderem die Deutsche Post komplett privatisieren. Glauben Sie ernsthaft, dass die Probleme, die wir im Post- und Paketmarkt haben, aufhören, wenn der Staat seinen Restanteil an der Deutschen Post verkauft?

(Jan Korte [DIE LINKE]: Genau!)

Ich meine, die Probleme mit zwielichtigen Subunternehmerketten, sinkende Löhne, mehr Ärger für die Kunden sind doch die Folgen von 25 Jahren Post-Privatisierung. Und Sie wollen mehr davon? Das ist absurd, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sage Ihnen: Wir brauchen keine Beteiligungsbremse, wir brauchen eine Privatisierungsbremse in diesem Land.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber ja: Wir müssen darüber reden, wo zu welchem Zweck der Staat tatsächlich als Eigentümer agiert. Das Beispiel Lufthansa ist kein gutes Beispiel dafür.

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Ach!)

Das Motto der Bundesregierung lautet ja hier: Der Steuerzahler soll blechen, der Staat soll retten, die öffentliche Hand aber nichts zu sagen haben. – Kein privater Geldgeber – auch Sie, Herr Houben, nicht – wäre so dämlich und würde so etwas mitmachen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb muss auch bei staatlichen Beteiligungen gelten: Wer bezahlt, bestimmt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN – Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Sie haben aber nicht die Mehrheit an der Lufthansa! Da können Sie nicht bestimmen!)

Auf all diese Fragen bietet der Antrag der FDP keine Antworten. Sie unterstützen ja de facto auch Herrn Altmaier in seinen zentralen Ansätzen, wie er das Beteiligungsmanagement organisiert. Ich finde das nicht verantwortungsvoll.

Ich komme zum Schluss. Für uns als Linke bleibt es dabei: keine staatlichen Rettungsprogramme, keine Beteiligungen ohne Beschäftigungsgarantien. Wir brauchen eine verbindliche Verpflichtung, Tarifverträge und Mitbestimmung zu respektieren, und natürlich müssen auch staatliche Beteiligungen genutzt werden, um sie auf das Ziel des Klimaschutzes auszurichten. Das ist verantwortungsvolle Politik, meine Damen und Herren.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)