Pascal Meiser: Wirtschaftshilfen müssen an ein Kündigungsverbot gekoppelt werden

  • 16. Dezember 2020
  • Reden

16.12.2020 – Staatliche Wirtschaftshilfen müssen sich in der aktuellen Krise immer daran messen lassen, ob davon auch die Beschäftigten profitieren. Wenn Unternehmen lieber Zuschüsse aus Steuergeldern abgreifen, anstatt Jobs über Kurzarbeitergeld zu sichern, dann ist das vollkommen inakzeptabel. Dabei zeigt unser Nachbar Österreich wie es gemacht wird: Dort gibt es nur Wirtschaftshilfen für die, die nicht kündigen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Soforthilfe, Novemberhilfe, Neustarthilfe, Überbrückungshilfe I, Überbrückungshilfe II und jetzt also die sogenannte verbesserte Überbrückungshilfe III: Die Flickschusterei der Bundesregierung bei ihren Coronawirtschaftshilfen mit ihren ständig wechselnden Anspruchsvoraussetzungen ist leider genauso irrlichternd wie ihre gesamte Politik bei der Bekämpfung der Pandemie.

(Beifall bei der LINKEN)

Kein Wunder, dass mich und meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Wirtschaftsausschuss immer wieder Zuschriften von zumeist kleinen Unternehmen erreichen, die sich bitterlich über komplizierte und ständig wechselnde Antragsverfahren beschweren oder sich jetzt hilfesuchend an uns wenden, weil Hilfeleistungen, die für November zugesagt wurden, erst ab Januar fließen sollen. Ich finde, das sind Zustände, mit denen wir uns in diesem Hause nicht abfinden dürfen;

(Beifall bei der LINKEN)

denn es geht dabei vielfach um nicht weniger als um die nackte wirtschaftliche Existenz. Das gilt natürlich ganz besonders für die Beschäftigten in diesen Unternehmen.

Nachdem in dieser Krise zunächst vor allem Minijobber, befristet Beschäftigte und Leiharbeiter ihren Job verloren haben, nimmt nach allem, was mir berichtet wird, aktuell auch die Zahl der Entlassungen regulär Beschäftigter spürbar zu – und das trotz staatlicher Wirtschaftshilfen und trotz Kurzarbeitergeld. Die Betroffenen erwarten zu Recht, dass dort, wo tatsächlich Steuermittel an Unternehmen fließen, davon auch die Beschäftigten profitieren und dass ihnen nicht die Kündigung droht, wenn ihr Arbeitgeber von staatlichen Hilfen profitiert. Auch dem Bundesarbeitsminister war es ja wichtig, am vergangenen Freitag hier in der Haushaltsdebatte zu betonen, dass die Bundesregierung um jeden Arbeitsplatz kämpfe. Aber wenn Sie das ernst meinen, warum sorgen Sie dann nicht endlich dafür, dass staatliche Wirtschaftshilfen an ein Verbot betriebsbedingter Kündigungen gebunden werden,

(Beifall bei der LINKEN)

wie wir es als Linke mit unserem vorliegenden Antrag vorschlagen?

Bei der November- bzw. Dezemberhilfe der Bundesregierung ist aktuell ja leider sogar das Gegenteil der Fall. So, wie Sie dieses Hilfsprogramm mit heißer Nadel gestrickt haben, werden am Ende im schlechtesten Fall diejenigen belohnt, die ihre Leute entlassen, statt sie in Kurzarbeit zu schicken. Warum? Ganz einfach: Weil ein Unternehmen die vollen 75 Prozent des Umsatzes nur dann ersetzt bekommt, wenn es für seine Beschäftigten nicht zugleich Kurzarbeitergeld erhält. Was zunächst plausibel erscheint, wird für die Beschäftigten zum Bumerang, wenn die staatlichen Hilfen nicht an ein Kündigungsverbot gekoppelt sind. Ich empfehle Ihnen sehr, sehr dringend, sich dazu einmal mit Gewerkschaftern aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe zu unterhalten.

Natürlich gibt es viele Unternehmer, die in dieser Krise ein hohes Maß an Verantwortung zeigen. Aber genau die sind es, die durch solchermaßen schlecht gemachte Hilfsprogramme benachteiligt werden. Und leider ist auch in den am Sonntag veröffentlichten Eckpunkten zur verbesserten Überbrückungshilfe III weiterhin keinerlei Rede von einem Kündigungsverbot. Warum, verdammt noch mal, sind Sie hier so zaghaft? Das ist und bleibt mir wirklich ein großes Rätsel.

(Beifall bei der LINKEN)

Dass es auch anders geht, zeigt ein Blick über die Grenze. In Italien hat die Regierung bereits im März ein weitgehendes Kündigungsverbot ausgesprochen, das im Herbst noch mal verlängert wurde. Oder nehmen Sie das Beispiel Österreich! Hier existiert seit dem November-Lockdown ein neues Hilfsprogramm, der sogenannte Lockdown-Umsatzersatz. Aber anders als in Deutschland dürfen die Empfänger dieser Hilfen in Österreich für die Dauer der Hilfen keine Kündigungen aussprechen. Wir als Linke sagen: Richtig so! Warum nicht auch bei uns so?

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren von der Koalition, ich appelliere an Sie: Stellen Sie auch hierzulande endlich sicher, dass staatliche Wirtschaftshilfen immer auch den Beschäftigten zugutekommen und dass dies nicht vom Goodwill der Unternehmensführung abhängt! Das gilt bei milliardenschweren Beteiligungen, wie bei der Lufthansa, aber das gilt auch für die vielen Beschäftigten in kleinen und mittleren Betrieben, über die viel zu wenig gesprochen wird.

Darum: Schließen Sie sich unserem Vorschlag an, und koppeln Sie die pandemiebedingten Wirtschaftshilfen an ein Verbot betriebsbedingter Kündigungen! Es gibt keinen ersichtlichen Grund, warum wir hier weiter hinter unseren österreichischen Nachbarn zurückstehen sollten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wie bei der Rente!)