Pascal Meiser: Digitalkonzerne wirksam regulieren – Zerschlagung gesetzlich ermöglichen

14.01.2021 Wenn wir uns anschauen, welche Macht die großen Digitalkonzerne schon heute haben, dann sollte das uns das alle mit großer Sorge erfüllen. Es ist höchste Zeit, Amazon, Google, Facebook und co. wirksam zu regulieren und zu verhindern, dass ihre Macht unkontrollierbar wird. Die Bundesregierung traut sich nicht, da die gesetzliche Instrumente zu verschaffen. Die Linke will klare Verbote bei Machtsmißbrauch und die gesetzliche Möglichkeit, in der letzten Instanz solche Monopole zu zerschlagen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn allein ein Konzern wie Amazon darüber entscheidet, ob und zu welchen Konditionen andere Einzelhändler Zugang zur Welt des Onlinehandels haben, dann ist das nicht erst seit der Coronakrise ein tiefgreifendes Problem. Und wenn ein Konzern wie Google bestimmt, welche Produkte und welche politischen Informationen in der Unendlichkeit des Internets erfolgreich gesucht und gefunden werden, oder wenn ein Konzern wie Facebook immer mehr entscheidet, wie unser soziales Leben aussieht, und in seinen Geschäftsbedingungen regelt, was anstößige und was zulässige Meinungsäußerungen sind, und wenn sie alle zusammen riesige Geschäfte mit unser aller privaten Daten machen und so mächtig sind, dass sie sich erfolgreich um das Zahlen von Steuern drücken können, dann sind das keine Lappalien, über die man achselzuckend hinwegsehen kann, dann haben wir ein eklatantes politisches Problem, und dann muss hier endlich konsequent gehandelt werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ja, es ist gut, dass die Bundesregierung zumindest im Kartellrecht endlich erste zaghafte Schritte in die richtige Richtung geht. Doch leider machen Sie an vielen Stellen noch halbe Sachen. Ich befürchte, die Vorstandschefs von Amazon, Google, Facebook und Co. dürfte dies nicht um den Schlaf bringen. So sieht das Herzstück Ihres Gesetzentwurfs für den neuen § 19a GWB lediglich vor, dass das Kartellamt künftig bestimmte Geschäftspraktiken marktübergreifend bedeutsamer Plattformen verbieten kann. Warum es aber langwieriger Untersuchungen bedarf, um Amazon und Co. im Einzelfall zu untersagen, andere Einzelhändler zu benachteiligen oder ihnen inakzeptable Vertragsbedingungen zu diktieren, hat die Bundesregierung bis heute nicht schlüssig darstellen können. Wir als Linke fordern hier weiterhin ein klares und eindeutiges Verbot missbräuchlicher Praktiken per Gesetz.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch das Problem der sogenannten Killerakquisition, also dass die genannten Digitalkonzerne gezielt Start-ups aufkaufen, bevor sie ernstzunehmende Konkurrenten werden können, bleibt ungelöst. Unverständlicherweise haben Sie zudem im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens die Fusionskontrolle generell geschwächt, indem Sie die Prüfschwellen für Fusionen weiter nach oben geschraubt haben. Und leider liefert Ihr Gesetzentwurf auch keine Ansätze, um die Macht bestehender Monopole grundsätzlich infrage zu stellen. Wir als Linke bleiben dabei: Dort, wo Konzerne mit überragender Bedeutung zu mächtig und damit auch nicht mehr anders zu kontrollieren sind, darf auch in Deutschland und Europa nicht länger vor der Ultima Ratio einer präventiven Zerschlagung solcher Konzerne zurückgeschreckt werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

In den USA ist das schon seit gut hundert Jahren möglich, und die US-amerikanische Aufsichtsbehörde hat auf dieser Grundlage kurz vor Weihnachten jetzt ein Verfahren eingeleitet, mit dem Facebook gezwungen werden soll, die zuvor erworbenen Unternehmen WhatsApp und Instagram wieder zu veräußern.

Die Debatte zeigt aber auch, dass es zu kurz gesprungen ist, wenn man glaubt, die Macht digitaler Monopole allein mit dem Instrument des Kartellrechts lösen zu können. Es geht um mehr als um die Aufhebung von Wettbewerbsbeschränkungen, es geht um klare Regeln für die digitale Zukunft. Gerade die digitalen Plattformen sind inzwischen zentrale Bestandteile der gesellschaftlichen Infrastruktur und bedürfen deshalb wie die Energienetze, die Verkehrswege und auch das klassische Postwesen einer besonderen Regulierung und demokratischer Steuerung. Dafür braucht es ein Plattformstrukturgesetz, in dem für die verschiedenen digitalen Plattformen der gesetzliche Rahmen gesetzt wird, und eine eigene Regulierungsbehörde, die die Durchsetzung dieser Regeln von Amts wegen überwacht.

(Beifall bei der LINKEN)

Klar ist – ich komme zum Schluss –: Diese Herausforderungen können nur im engen Zusammenspiel zwischen der nationalen und der europäischen Ebene gelöst werden. Aber wer wie die Bundesregierung bei all diesen Problemen mit dem Finger nach Brüssel zeigt, der kommt seiner eigenen Verantwortung im Kampf gegen die Macht der Digitalkonzerne nicht nach.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)