Dienst nach Vorschrift statt Eindämmung prekärer Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Recht haben und recht bekommen, das sind leider auch in der Arbeitswelt oft zwei verschiedene Paar Schuhe. Das gilt insbesondere für all jene, die eh schon unter äußerst prekären Bedingungen hart schuften, um überhaupt über die Runden zu kommen, so wie die Millionen Menschen in diesem Land, die leider jedes Jahr um Teile ihres Lohns oder ihres Urlaubs geprellt werden. Wir sollten uns in diesem Haus zumindest in diesem einen Punkt einig sein: dass diese unhaltbaren Zustände beendet werden müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein Problem ist bekanntlich, dass viele der Betroffenen gar nicht wissen, welche Ansprüche ihnen überhaupt zustehen. Deshalb ist es gut, dass die Europäische Union jetzt Mindeststandards vorgibt, wie Arbeitgeber ihre Beschäftigten über deren Ansprüche und Rechte informieren müssen. Herr Kleinwächter, wenn man sich anhört, was für einen Unsinn Sie hier verzapfen, dann kann man nur froh sein, dass Sie das hier tun und nicht mehr als Lehrer vor Schülerinnen und Schülern in den Schulen tun dürfen.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Es ist äußerst bedauerlich, dass die Ampelkoalition bei der Umsetzung dieser europäischen Vorgaben in deutsches Recht doch nur Dienst nach Vorschrift macht. Ich will nur auf einige besonders gravierende Leerstellen ihres Gesetzentwurfs hinweisen.

Erstens. Warum sorgen Sie nicht dafür, dass wirklich alle wesentlichen Informationen, die das Arbeitsverhältnis betreffen, bereits mit dem ersten Arbeitstag dem Beschäftigten ausgehändigt werden?

Zweitens. Wieso verzichten Sie darauf, klar festzulegen, welche konkreten tarifvertraglichen Regelungen dem Beschäftigten schriftlich mitzuteilen sind? Durch einen abstrakten Verweis auf geltende Tarifverträge ist für Betroffene auch weiterhin nicht ohne Weiteres zu erkennen, ob sie zum Beispiel um Teile ihres Urlaubs geprellt werden oder nicht.

Drittens. Warum verzichten Sie bei Verstößen gegen die Nachweispflichten auf einen verbindlichen Bußgeldrahmen? Die europäische Richtlinie schreibt explizit vor, dass die zu ergreifenden Sanktionen abschreckend sein müssen. Ein Bußgeld von bis zu 2 000 Euro, das nicht einmal erlassen werden muss, sondern nur erlassen werden kann, wird diesem Kriterium jedenfalls nicht gerecht.

Meine Damen und Herren, das sind alles Kritikpunkte, die auch in der Anhörung vorgebracht wurden, etwa vom Deutschen Gewerkschaftsbund und der Beratungsstelle Faire Mobilität.

Deshalb – ich komme zum Schluss – ist das, was Sie hier heute als Ampelkoalition verabschieden wollen, wirklich eine große vertane Chance. Wer wirklich dafür sorgen will, dass Beschäftigte künftig nicht mehr so leicht um ihren Lohn geprellt oder um anderweitige Ansprüche gebracht werden können, der muss bei einem solchen Thema mehr machen als einfach nur Dienst nach Vorschrift.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)