Flughafenchaos beenden mit anständigen Löhnen und Arbeitsbedingungen

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn aktuell Hunderttausende Urlauberinnen und Urlauber an deutschen Flughäfen stundenlang auf ihre Abfertigung warten müssen oder ihr Flug in den wohlverdienten Urlaub wegen Personalmangels kurzfristig gestrichen wird, dann ist das Ihr Desaster mit Ansage, und das ist inakzeptabel.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Obwohl auch die Luftfahrtbranche während der Coronakrise mit Milliardenbeträgen aus Steuergeldern massiv gestützt wurde, hatten viele Flughafendienstleister und Airlines nichts Besseres zu tun, als Tausende Beschäftigte zu entlassen oder sie sich mit Abfindungen vom Hals zu schaffen. Bei denen, die bleiben durften, reichte das Kurzarbeitergeld vielfach einfach nicht, um über die Runden zu kommen. Da ist es doch kein Wunder, dass sich viele von ihnen in dieser Krise nach einem neuen Job umgeschaut haben.

Wir als Fraktion Die Linke haben übrigens während der Pandemie hier immer wieder eingefordert, dass nicht nur das Kurzarbeitergeld erhöht wird, damit die Leute auch für die Zeit nach der Pandemie in den Branchen gehalten werden, sondern dass auch dafür gesorgt wird, dass die Wirtschaftshilfen an eine Beschäftigungssicherung gekoppelt werden. Die Große Koalition hat nichts getan. Das ist ein Versagen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Probleme an den deutschen Flughäfen liegen aber in der Tat noch tiefer. Wir haben es hier mit einem maroden System zu tun, das auf miserablen Arbeitsbedingungen – das hat meine Vorrednerin zu Recht gesagt – beruht. Viele der Jobs bei der Gepäckabfertigung oder auf dem Flugfeld sind echte Knochenjobs. Ich kann jedem nur empfehlen, sich einmal mit den Kolleginnen und Kollegen dort zu unterhalten. Trotzdem wird dort vielfach nur knapp über Mindestlohn gezahlt, wurden die Leute lange Zeit in Teilzeitmodelle gepresst, weil es der Flexibilität der Unternehmer geholfen hat, um auch dem Kostendruck der Billigairlines standhalten zu können. Und dann wundern Sie sich, wenn sich viele am Ende des Tages nach anderen Jobs umschauen. Das ist absurd, meine Damen und Herren. Das muss sich ändern.

(Beifall bei der LINKEN)

Das alles ist doch keineswegs vom Himmel gefallen, sondern das ist politisch gewollt. Hier sind in der Tat die Fußstapfen der CDU – das muss man sagen – sehr, sehr, sehr tief. Die Liberalisierung im Flugverkehr und an den Flughäfen Mitte der 90er-Jahre hat dazu geführt, dass Aufgaben privatisiert und zersplittert wurden, dass künstlicher Wettbewerb geschaffen wurde. Das Ergebnis: Billigausschreibungen, Personaleinsparungen und massives Lohndumping.

Natürlich hat die Zersplitterung der verschiedenen Dienstleistungen zu zahlreichen Steuerungsproblemen an den Flughäfen geführt, die auch Teil des heutigen Chaos sind. Ich sage: Wer über diese fatalen politischen Versäumnisse und Weichenstellungen nicht reden will, der sollte auch zum aktuellen Chaos an den deutschen Flughäfen besser schweigen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt sollen es also die türkischen Kolleginnen und Kollegen richten und die Suppe auslöffeln, die uns das Versagen der Flugunternehmen, der Dienstleister an den Flughäfen und zum Teil auch der Bundesregierung in den letzten vier Jahren eingebrockt hat. Es ist in der Tat entscheidend – auch das haben einige meiner Vorrednerinnen und Vorredner gesagt –, dass diese Beschäftigten, wenn sie denn überhaupt kommen – da gibt es ja noch ein großes Fragezeichen –, hier anständig behandelt werden, anständig bezahlt werden. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit versucht hat, dafür Vorsorge zu treffen. Aber entscheidend wird natürlich sein, wie diese Arbeitsbedingungen in der Praxis auch tatsächlich aussehen und dass es nicht de facto doch zum Unterlaufen von Tarifverträgen, von Mindestlöhnen und auch von Mindestarbeitsbedingungen kommt. Da muss jetzt genau hingeschaut werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Eine nachhaltige Lösung des Problems sieht natürlich anders aus, weil das Problem, wie ich schon gesagt habe, tiefer liegt. Deswegen wünsche ich mir von Herzen, dass nach dem, was einige meiner Vorrednerinnen und Vorredner gesagt haben, die Bundesregierung auch auf europäischer Ebene eine Initiative startet, damit die Deregulierung, die wir an den Flughäfen dank europäischer Rahmensetzungen haben, endlich zurückgenommen wird und endlich wieder anständige Bedingungen an den Flughäfen hier geschaffen werden können.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sorgen Sie dafür, dass am Arbeitsmarkt wieder Ordnung geschaffen wird, damit es sich auch wieder lohnt, hart zu arbeiten, und man nicht wegen prekärer Beschäftigung, erzwungener Teilzeit oder Leiharbeit usw. das Gefühl hat, man sei nicht gewollt. Sorgen Sie hier für Ordnung; dann haben wir auch ein geringeres Problem, was die Frage der Arbeitskräfte in aktuell noch prekären Jobs angeht.

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin.

(Zuruf des Abg. Friedrich Merz [CDU/CSU])

Ich hoffe sehr, dass die Bundesregierung aus der aktuellen Krise lernt und dafür sorgt, dass wir künftig nicht mehr ein solches Chaos an den Flughäfen haben, dass damit künftig auch kein solcher Arbeitskräftemangel herrscht, weil wir anständige Arbeitsbedingungen für alle haben.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)