Schließen Sie endlich alle Schlupflöcher bei der Unternehmensmitbestimmung!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die grenzüberschreitende Mobilität von Unternehmen in Europa droht leider immer wieder auch schwer erkämpfte Arbeitnehmerrechte auszuhebeln. Das gilt weiterhin auch für die wirtschaftliche Mitbestimmung von Beschäftigten und ihren Gewerkschaften in großen Unternehmen. Insofern besteht hier in der Tat großer Handlungsbedarf.

Das Erfreuliche vorweg: In dem von Ihnen vorgelegten Gesetzentwurf ist nichts Falsches geregelt.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt, Sie stimmen zu!)

Es ist gut, klare Verfahren bei der Unternehmensumwandlung von ausländischen Rechtsformen in deutsche Rechtsformen zu haben und klarzustellen, dass im Zweifel als Rückfalllinie das deutsche Unternehmensmitbestimmungsrecht gilt.

Aber wir alle wissen auch: Ein Meilenstein auf dem Weg zum Schutz der deutschen Unternehmensmitbestimmung ist das beileibe nicht. Die wahren Probleme liegen in der Realität ganz woanders. Da geht es nicht darum, dass ausländische Unternehmen sich in deutsche Unternehmensrechtsformen flüchten, sondern darum, dass deutsche Unternehmen aus ebendiesen Rechtsformen flüchten und damit aus der Unternehmensmitbestimmung.

Weil immer wieder behauptet wird, es handle sich hier um Einzelfälle, habe ich mal ein paar Beispiele mitgebracht: Nehmen wir die Meyer Werft aus Niedersachsen. Die wurde 2015 in eine Europäische Aktiengesellschaft, SE, umgewandelt, und das mit dem erklärten Ziel, einen Aufsichtsrat und die Mitbestimmung der Beschäftigten dauerhaft zu umgehen;

(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Pfui! – Heidi Reichinnek [DIE LINKE]: Skandalös!)

denn bei der Umwandlung in die SE wird das bestehende Mitbestimmungsniveau auf dem Status quo eingefroren, in diesem Fall auf null, und das auf Dauer. Das ist kein Einzelfall. Prominente Beispiele wie Deichmann, Zalando und auch die Tesla Manufacturing Brandenburg SE tun es ihr gleich. Damit muss endlich Schluss gemacht werden, meine Damen und Herren, und das so schnell wie möglich.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Oder nehmen wir die ALBA Group, immerhin das drittgrößte Entsorgungs- und Recyclingunternehmen Deutschlands. Sie wurde 2011 in eine britische Limited umgewandelt, obwohl das Unternehmen rund 8 000 Beschäftigte hat, der Verwaltungssitz in Berlin ist und die wirtschaftliche Kerntätigkeit in Deutschland liegt. Die ALBA Group umgeht so seitdem jegliche Mitbestimmung der Beschäftigten im Aufsichtsrat. – Alles keine Einzelfälle. Es handelt sich um einen systematischen Entzug aus der deutschen Unternehmensmitbestimmung. Dieser Praxis muss endlich ein Riegel vorgeschoben werden, und die entsprechenden Gesetzeslücken müssen komplett geschlossen werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie das auch so sehen, dann stimmen Sie heute nicht nur dem Gesetzentwurf zu, sondern auch dem von der Fraktion Die Linke hier heute vorgelegten Antrag, und beauftragen Sie damit die Bundesregierung, ein echtes Mitbestimmungserstreckungsgesetz vorzulegen, wie es auch der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert.

(Beifall bei der LINKEN)

Für uns als Linke ist klar: Die Flucht aus der Unternehmensmitbestimmung muss gestoppt werden. Dafür braucht es endlich handfeste Verbesserungen mit Blick auf die Schlupflöcher bei der grenzüberschreitenden Mobilität europäischer Unternehmen, mit Blick auf die darüber hinaus im deutschen Unternehmensmitbestimmungsrecht bestehenden Gesetzeslücken und mit Blick auf klare und effektive Sanktionen bei Nichtanwendung der Mitbestimmungsgesetze. Es kann nicht sein, dass die Anwendung der Gesetze in diesem Bereich weiter nach Gutdünken der Unternehmen erfolgt. Hier muss gehandelt werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)